Wandel der Wahrnehmung ukrainischer Sprache

Gibt es ein Thema, das in den Medien im letzten Jahr präsenter gewesen ist als die Ukraine? Ich glaube kaum. Im Grunde ist es nicht das Land als solches, sondern eher der furchtbare, zerstörerische Krieg, der dort herrscht. Damit einhergehend ist aber auch das Interesse an allem Ukrainischen in der Welt gestiegen: Design, Musik, Literatur, Sport … und nicht zuletzt das Interesse an der Sprache selbst.

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Der Schleier der Unwissenheit …

Und wenn noch vor 15 bis 20 Jahren die meisten Menschen der Meinung waren, es handele sich bei der Ukraine um einen Teil Russlands oder bestenfalls um ein kleines Land irgendwo in Osteuropa, dann ist es heute eindeutig anders. 
Ähnlich verhält es sich mit der ukrainischen Sprache. Wie oft bin ich schon gefragt worden, ob Ukrainisch nicht ein Dialekt oder eine Mundart des Russischen wäre?! Die Antwort ist: natürlich nicht!

Und auch wenn die Eigenständigkeit des Landes mittlerweile außer Frage steht, ist es doch bei der Sprache immer noch oft erklärungsbedürftig. Warum ist das so? Das Anwenden der ukrainischen Sprache wurde über 130-mal verboten! Ich möchte nicht die ganze Geschichte der Russifizierung der Ukraine erläutern, es ist aber wichtig, darauf hinzuweisen, dass sie eine über 300 Jahre alte Geschichte hat und genau das zum Ziel hatte – die ukrainische Sprache als solche zu tilgen und die Wahrnehmung von innen und nach außen zu verändern. Leider war dieses Vorhaben in beiden Fällen erfolgreich.

… fällt

Das Jahr 2022 hat einiges verändert. Nach Angaben von Duolingo – der beliebten Anwendung zum Erlernen von Fremdsprachen – ist das Interesse 2022 allein in Deutschland um 1651 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Damit war diese Sprache die am schnellsten wachsende Lernsprache hierzulande!
Wir sehen im Alltag in Deutschland und auch in anderen Ländern der Welt immer mehr blau-gelbe Flaggen als Hinweis auf diese Sprache. Mir fällt Ukrainisch zum Beispiel immer öfter in der Sprachauswahl von Netflix auf.

Diese Entwicklung ging auch an unserer Branche nicht spurlos vorbei. Wer, wenn nicht wir Sprachmittler sind als Erstes gefragt, wenn es darum geht, eine „neue“ Sprache auf dem Markt zu etablieren? Sei es bei der Untertitelung von Nachrichten oder der Übersetzung von Warnhinweisen, Portalen zur Arbeitssuche, von Büchern zeitgenössischer ukrainischer Autorinnen und Autoren ins Deutsche und natürlich Kinderbüchern ins Ukrainische für die Kleinsten unter den Geflüchteten.

Gewiss hat sich auch die Situation der Freelancerinnen und Freelancer für die Zielsprache Ukrainisch verändert. Einige waren aufgrund der jeweiligen Standorte innerhalb des Landes selbst lange Zeit nicht mehr erreichbar und mussten anderswo Zuflucht suchen. Andere wiederum sind wegen der zerstörten Infrastruktur nur sporadisch erreichbar und können ihre Aufträge nicht mehr im gewohnten Umfang ausführen. Dennoch, der Wille, den Alltag gut zu meistern, ist ungebrochen. Auch vom Luftschutzraum aus arbeiten unsere Übersetzenden und Lektorinnen und Lektoren weiter. Unter Berücksichtigung von Rahmenbedingungen der Arbeit in einem vom Krieg geplagten Land ist die gestiegene Nachfrage für sie eindeutig positiv zu bewerten.

Der Weckruf

Die Welt sieht die Ukraine derzeit mit anderen Augen und es ist großartig, da die Wahrnehmung der Sprache auch innerhalb der Ukraine im Wandel ist. Ukrainische Sprache gilt nun als identitätsstiftend und auch wenn die meisten Ukrainerinnen und Ukrainer mindestens eine weitere Sprache auf einem sehr guten Niveau beherrschen, ist es doch so, dass die 300 Jahre Unterdrückung dazu geführt haben, dass hier  eine lange Zeit der Aufarbeitung und des Aufholens notwendig ist. Der Krieg wurde zum endgültigen Weckruf, die eigene Kultur näher kennen zu lernen und der Welt bekanntzumachen. Und Sprache ist ein wichtiger Teil davon! Diese Entwicklung ist unaufhaltsam.

Die Generalversammlung der EFNIL – European Federation of National Institutions for Language – hat im März 2022 der Ukraine die Mitgliedschaft im EU-Sprachenbund zugesprochen. Die Präsenz dieser Sprache ist weltweit nicht nur gestiegen, sondern die Welt ist jetzt bereit, Ukrainisch als gleichwertige und wertvolle Sprache in ihre Gemeinschaft aufzunehmen. Es ist eine überaus wichtige und außerordentliche Entwicklung. Geben wir dieser wunderschönen und vielfältigen slawischen Sprache mehr Bühne, denn sie ist es auf jeden Fall wert!

Alexandra Bäuerle
«Als studierte Dolmetscherin für Russisch und Spanisch ist Alexandra Bäuerle seit 2007 direkte Ansprechpartnerin im Kundenservice. Außerdem ist sie unsere Betriebsratsvorsitzende am Standort Ahrensburg. Geboren und aufgewachsen ist sie in Lviv in der Ukraine und lebt seit 1998 in Deutschland. In ihrer Freizeit tanzt sie latein-amerikanische Tänze und kuschelt mit den Kids und ihrem Kater Chiri.»
Alexandra Bäuerle · Customer Consultant, Apostroph Germany

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Tamara Weßel
Operative Geschäftsleitung
Tamara Weßel Operative Geschäftsleitung Apostroph Germany

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